Ebay kommt nach Luxemburg (d'Wort 28/10/2006)

Größtes Internetauktionshaus wählt Standort für sein Europageschäft

Sektor der Elektronikdienstleistungen brummt trotz des Rückschlags von AOL auch weiterhin

Das Europageschäft von Ebay wird künftig von Luxemburg aus geführt. Wie Premierminister Jean-Claude Juncker gestern gegenüber dem „Wort“ bestätigte, hat sich das Unternehmen aufgrund des niedrigen hiesigen Mehrwertsteuersatzes für das Großherzogtum entschieden.

Mit einem TVA-Satz von 15 Prozent weist Luxemburg die niedrigste Rate in der EU auf. Der bisherige Geschäftssitz in der Schweiz soll auch in Zukunft bestehen bleiben. Bislang war Ebay im Großherzogtum bereits mit seiner Tochtergesellschaft Skype vertreten.

Das Firmenlogo vor dem Ebay-Sitz im kalifornischen San José
Das Firmenlogo vor dem Ebay-Sitz im kalifornischen San José.(FOTO: AP)

Für den Direktor der Enregistrement- Verwaltung, Romain Heinen, ist die Ebay-Niederlassung der Beleg dafür, dass der Sektor der Elektronikdienstleistungen trotz des Rückschlags von AOL weiterhin brummt. „Die wirtschaftliche Diversifizierung geht weiter. Der Sektor stirbt nicht ab“, unterstrich der Enregistrement- Direktor. Vor zwei Wochen hatte AOL den Verkauf des Internetzugangsgeschäfts in Frankreich, Deutschland und Großbritannien angekündigt. AOL Europe Services Luxembourg verlor dadurch die Verantwortung für 5,8 Millionen Kunden in ganz Europa. Dem luxemburgischen Staat kamen aufgrund der Entscheidung des AOLMutterkonzerns rund 140 Millionen Euro an Steuereinnahmen abhanden.

Dieser Verlust könnte durch die Ebay-Entscheidung zugunsten Luxemburgs zum größten Teil behoben werden, schätzt Romain Heinen. Eine Entwarnung für den Arbeitsmarkt bedeutet die gute Nachricht allerdings nicht: Im Gegensatz zur Industrie sind die Elektronikdienstleister keine arbeitsintensiven Unternehmen. AOL etwa startete in Luxemburg mit 10 Mitarbeitern, baute seine Belegschaft später aber auf 30 Arbeitsplätze aus. Außerdem handelt es sich bei diesen Stellen um äußerst spezifische Berufsbilder.

Glaubt man Romain Heinen, so könnte sich der Informations- und Kommunikationssektor auch in Zukunft weiter ausbauen. Die Verhandlungen um den Erhalt des AOL-Internetzugangsgeschäfts für Großbritannien verliefen jedenfalls viel versprechend. Eine endgültige Einigung gebe es allerdings noch nicht.

Zuversichtlich zeigte sich der Enregistrement-Direktor auch, was den Widerstand der luxemburgischen Regierung gegen EUPläne einer Änderung der Mehrwertsteuererhebung angeht. Premier- und Finanzminister Juncker hatte sich stets gegen das Brüsseler Vorhaben ausgesprochen, wonach die Steuer künftig dort erhoben werden sollte, wo die Dienstleistung vom Endkonsumenten verbraucht wird.

Ebay: 157 Millionen registrierte Nutzer

Im September 2005 kaufte das größte Online-Auktionshaus den Internettelefonie-Anbieter Skype für 2,6 Milliarden Dollar. Der von dem Schweden Niklas Zennström gegründete Luxemburger Anbieter für Internettelefonie stellt eine der größten Erfolgsgeschichten des Internets dar. Schon zu dem Zeitpunkt schätzten Experten, dass Luxemburg durch das Geschäft auch einen Aufschwung als Internethandelsplattform erleben könnte. Denn für Ebays Zahlungssystem PayPal ergeben sich durch die Skype-Übernahme ebenso neue Möglichkeiten wie für andere Tochterfirmen, zum Beispiel Rent.com und Shopping.com. Allein das Ebay-Auktionshaus hat weltweit 157 Millionen registrierte Nutzer. Zennström geht davon aus, dass Ebay, PayPal und Skype sich gegenseitig die Umsätze steigern werden. Neue Kategorien wären z.B. denkbar mit Pay-Per- Call-Transaktionen.

Ebay steigerte nach eigenen Angaben im dritten Quartal Umsatz und Gewinn aufgrund niedrigerer Steuerzahlungen und günstiger Wechselkurse. Das Internetauktionshaus verbuchte einen Gewinn von 281 Millionen Dollar nach 255 Millionen Dollar im Vorjahresquartal. Der Umsatz wuchs im Jahresvergleich von 1,11 Milliarden auf 1,45 Milliarden Dollar. Ebay hob zudem seine eigene Umsatzprognose für 2006 auf 5,86 Milliarden bis 5,92 Milliarden Dollar an.

VON JOËLLE MERGES 

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