Umsatzsteuer-Karussell dreht mit Hilfe luxemburgischer Briefkastenfirmen
Roger Infalt - Die Masche, mit der hier gearbeitet wird, nennt sich Umsatzsteuer-Karussell. Die Affäre, von der hier die Rede ist, haben wir vor Jahren auch bereits belichtet, das deutsche Nachrichtenmagazin "Spiegel" greift sie in seiner neuesten Ausgabe auf und bringt bis dato nicht veröffentlichte Details.
Deutschland/Luxemburg - Die Sache ist kompliziert, das Funktionsprinzip aber einfach. Auf den sog. Umsatzsteuer-Karussellen drehen sich Geld und Güter so schnell herum, dass den Finanzbeamten erst dann etwas auffällt, wenn es längst zu spät ist.
Nach Schätzungen des Münchner Ifo-Instituts – so der "Spiegel" – kostet der Trick den deutschen Staat an die fünf Milliarden Euro im Jahr.
Wie funktioniert's? Einer stellt die Ware her und schreibt eine Rechnung. Der Zweite verarbeitet die Ware weiter und stellt ebenfalls eine Rechnung aus. Es folgt der Dritte, der Vierte, der Großhandel, der Einzelhandel. Jeder schreibt dem Nächsten eine Rechnung und vermerkt darauf stets den Preis inkl. Mehrwertsteuer.
Weil aber nur der Endverbraucher die Mehrwertsteuer zahlen muss, läuft zwischen Fiskus und Firmen ein gigantischer Rechnungsverkehr. Jeder Zwischenhändler liefert dem Finanzamt die Mehrwertsteuer ab, die er beim Verkauf kassiert hat, Doch die Mehrwertsteuer, die er beim Kauf der Ware vorher selbst bezahlt hat, kann er sich laut dem Vorsteuererstattungsprinzip vom Staat zurückholen.
Der deutsche Fiskus ist eine schneller Zahler, die Firmen gehen das etwas gemächlicher an. Diese Tatsache nutzen Betrüger aus, um sich vom Staat ihre Geldsäckel füllen zu lassen.
Der "Spiegel" gibt dann die verfeinerte Betrugsvariante Karussell preis: Die Firma A verkauft die Ware an die Firma B im EU-Ausland - deshalb verläuft dieser Verkauf steuerfrei. B verkauft die Ware ebenfalls steuerfrei an C nach Deutschland zurück. Sinn der Operation: Die Ware wird billiger, nämlich zum Nettopreis, auf die deutsche Seite des Karussells geschoben. C verkauft weiter an D, diesmal mit der Mehrwertsteuer. D verkauft weiter an E, während die Firma C flugs aufgelöst wird. E kassiert das Finanzamt ab und verkauft schließlich die Ware steuerfrei ins Ausland, wo sie Abnehmer findet, weil ein Teil des Steuergewinns dazu verwendet wird, die Preise ehrlicher Händler zu schlagen.
Zwischenhändler in Luxemburg
In der Affäre, die im Frühjahr vor dem Kadi aufgerollt wird, gibt es ein mehrere hundert Seiten umfassendes Dossier. Auf die oben beschriebene Art und Weise wurden Luxus-Wagen (auf dem Papier) hin und her geschoben. In den Unterlagen geht auch die Rede von einem Zwischenhändler in Luxemburg, der die Autos aus Deutschland zum Nettopreis einkaufen konnte und sie dann wieder an einen deutschen Händler, ebenfalls zum Nettopreis, zurückverkauft.
Laut den Ermittlungen kamen die Fahrzeuge der Betrügerbande aus ganz Deutschland, fast alle davon wurden über Luxemburg geschleust. Der Zwischenhändler, den "Der Spiegel" Tom M. nennt, soll bereits eine bewegte Vergangenheit haben. Die Volksbank in Trier habe ihn zweimal wegen Geldwäscheverdachts gemeldet, die Luxemburger Polizei habe vor zwei Jahren gegen ihn wegen illegalen Fahrzeughandels ermittelt, ein Gericht in Frankreich soll 2003 Haftbefehl gegen Tom M., u.a. wegen bandenmäßig organisierter Hehlerei, erlassen haben.
Der Zwischenhändler aus Luxemburg hatte zudem die Aufgabe, Firmen (in den meisten Fällen handelte es sich um sog. Briefkastenfirmen) hier zu Lande ausfindig zu machen, mit deren Namen bei den deutschen Herstellern Autos geordert werden konnten, um so die Sperrlisten der Autokonstrukteure zu umgehen.
Im April dieses Jahres wurden an insgesamt 60 Orten, darunter auch Luxemburg, Razzien durchgeführt. Sieben Leute wurden festgenommen, gegen 38 Beschuldigte läuft ein Verfahren.
------------Anmerkung der "Administration de l'enregistrement et des domaines":
Im Rahmen der grenzüberschreitenden Amtshilfe hat der "Service Anti-fraude" der Enregistrementverwaltung wichtige Hinweise an die Kollegen der deutschen Steuerfahndung weitergeleitet zur Einstellung eines europaweit funktionnierenden Karussells von Luxusgeländewagen.