EU-Finanzministertreffen auf Kirchberg - Die Verhandlungen gehen weiter - Luxemburg legt Veto beim Mehrwertsteuerpaket ein / Deutsches Defizitverfahren beendet (d'Wort 07/06/2007)

VON ARNE LANGNER

Über das EU-Mehrwertsteuerpaket wird unter der portugiesischen Ratspräsidentschaft weiter verhandelt werden. Beim Finanzministerrat am Dienstag in Luxemburg konnten sich die 27 Mitglieder nicht einigen, wie künftig bei der Besteuerung von elektronischen Dienstleistungen für Endkunden verfahren werden soll. Premier- und Finanzminister Jean-Claude Juncker legte für Luxemburg sein Veto ein.

Luxemburg verweigert aus Sorge um erhebliche Steuerausfälle die geplante EU-Mehrwertsteuerreform. „Wir stimmen den Plänen des Rats in fast allen Punkten zu. Nur bei der Besteuerung von Privatkunden im Bestimmungsland sind wir nicht einverstanden“, erklärte Juncker am Dienstag nach dem Ministertreffen. Die Verhandlungen beim Ecofin bezeichnete Juncker als sehr schwierig. Luxemburg hatte als einziges Land Einspruch erhoben. „Wir müssen uns ernsthaft die Frage stellen, ob wir die jetzige Regelung erhalten wollen“, so Juncker.

Die geplante Neuordnung der Besteuerung von elektronischen Dienstleistungen ist nicht im Interesse des Landes, das seit 2003 den Wirtschaftsstandort Luxemburg für Internetunternehmen auf- und ausbaut. Die EU-Pläne sehen vor, die Mehrwertsteuer für elektronischen Dienstleistungen von Nicht-EU-Unternehmen künftig nicht mehr im Ursprungs-, sondern ausschließlich im Bestimmungsland zu erheben. Als möglichen Kompromissvorschlag bei weiteren Verhandlungen sieht Juncker lange Übergangsfristen zur bestehenden Regelung.

Seit 2003 müssen Gesellschaften aus Nicht-EU-Staaten in der Europäischen Union Mehrwertsteuer für ihre grenzüberschreitenden Dienste zahlen. Dabei können die Konzerne die Steuer entweder in jedem Land entrichten (Bestimmungslandprinzip) oder sie bauen in einem Land einen Europa-Sitz auf und zahlen dort die Umsatzsteuer für ihr komplettes Europa-Geschäft (Ursprungslandprinzip).

Drastische Steuerausfälle drohen

Die nun geplante Neuregelung würde Luxemburg rund 220 Millionen Euro pro Jahr an Steuereinnahmen kosten. Im Großherzogtum haben große Internet-Dienstleister wie AOL, Skype und eBay ihre Europa-Zentralen angesiedelt. Als Hauptgrund gilt die im Vergleich mit anderen EU-Staaten niedrigere Mehrwertsteuer von 15 Prozent.

Topthema des Finanzministertreffens war auch die Beendigung des Defizitverfahrens gegen Deutschland. EU-Währungskommissar Joaquin Almunia lobte Deutschlands Fortschritte beim Defizitabbau und zeigte sich zuversichtlich, dass die Bundesrepublik noch vor 2010 einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen könne. Die Verbesserung der Haushaltslage sei in den vergangenen zwei Jahren „sehr eindrucksvoll“ gewesen. Der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück erklärte sichtlich erleichtert: „Ich will nie wieder in so ein Defizitverfahren hineingeraten.“ Der Verstoß gegen die Maastricht-Kriterien war jedes Jahr mit Milliarden-Sanktionen verbunden.

2006 hatte Deutschland mit einer Neuverschuldung von 1,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) den Euro-Stabilitätspakt mit einer Höchstgrenze von drei Prozent erstmals seit Jahren wieder eingehalten. Das Staatsdefizit wird nach Prognosen der EU-Kommission dieses Jahr weiter auf 0,6 Prozent sinken, für kommendes Jahr werden nur noch 0,3 Prozent erwartet.

Jean-Claude Juncker, der auch Präsident der Eurogruppe ist, hat die europäischen Finanzminister zu größeren Anstrengungen bei der Schuldenbekämpfung aufgefordert. Die Länder, die ihre mittelfristigen Haushaltsziele noch nicht erreicht hätten, müssten sich an den Plan halten, ihre Schulden jedes Jahr um 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken, erklärte er. Zusätzliche Einnahmen, die auf die günstigen Wirtschaftsdaten 2007 zurückzuführen seien, müssten für die Schuldenreduzierung verwendet werden, fügte er hinzu.

Außerdem wurden die Defizitverfahren gegen Griechenland und Malta eingestellt. Die Griechen schafften es, ihr Haushaltsdefizit auf 2,6 Prozent des BIP zu senken. Die deutlichste Verbesserung konnte Malta vorweisen: Von einem Haushaltsdefizit von 9,7 Prozent im Jahr 2003 senkte der Inselstaat die Neuverschuldung bis 2006 auf 2,6 Prozent des BIP. Vor diesem Hintergrund empfahl der Ecofin-Rat auch die Aufnahme Maltas in die Eurozone.

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